Ab 01. Juli 2021 treten wesentliche Neuerungen im Mehrwertsteuerbereich des Onlinehandels ein, welche in zwei EU-Richtlinien (RL 2017/2455/EU, RL 2019/1995/EU) und diversen Verordnungen enthalten sind. Hintergrund der Einführung dieser EU-Richtlinien ist die neue EU-Mehrwertsteuerreform, mit welcher das Bestimmungslandprinzip bei Verkäufen an Privatpersonen (B2C) neu geregelt werden soll.
Die neuen Regelungen sollen eine Vereinfachung im Zuge von Onlineverkäufen gegenüber Privatkunden im Bereich der Mehrwertsteuer darstellen.
Grundsätzlich musste sich ein Onlinehändler, welcher in anderen EU-Staaten Dienstleistungen erbrachte bzw. Waren dorthin verkaufte, beim Überschreiten der sich befindenden nationalen Lieferschwellen, im jeweiligen EU-Land registrieren lassen, um dort den nationalen Umsatzsteuerpflichten nachzukommen.
Die unterschiedlichen nationalen Lieferschwellen der einzelnen Mitgliedsstaaten wurden nun abgeschafft und für die gesamte EU einheitlich auf 10.000 € festgelegt. Daraus sind folgende zwei Szenarien entstanden:
A) Sollte ein italienischer Onlinehändler die einheitliche Schwelle von 10.000 Euro überschreiten, so ist er für die dort erzielten Verkäufe aus Waren und Dienstleistungen weiterhin in Italien (Ursprungsland) mehrwertsteuerpflichtig.
B) Sollte ein italienischer Onlinehändler die einheitliche Schwelle von 10.000 Euro überschreiten, so sind die erzielten Verkäufe aus Waren und Dienstleistungen in diesem Bestimmungsland mehrwertsteuerpflichtig.
Tritt Szenario B ein, so kann sich das Unternehmen auf der OSS-Plattform registrieren und dort die Mehrwertsteuer, der in den jeweiligen EU-Ländern erzielten Onlineverkäufe, abführen. Unternehmen welche bereits auf der MOSS-Plattform registriert sind, werden automatisch in das OSS-Portal eingetragen.
Das OSS-Portal, welches mit 01. Juli in Kraft tritt (die Registrierung kann bereits ab 01. April erfolgen) ist eine zentrale Plattform aller Bestimmungsländer und eine Erweiterung der bereits bestehenden MOSS –Mini One Stop Shop- Plattform. Durch die OSS-Plattform muss sich der Onlinehändler nicht mehr in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten registrieren und dient somit als einzige Anlaufstelle um die gesamte Mehrwertsteuer von EU-weiten Onlineverkäufen abzuführen, wobei es sich hier schlussendlich aber immer noch um ein Wahlrecht handelt.
Durch die neue Regelung ist es wichtig, die gesamten EU-weiten Onlineverkäufe in den jeweiligen EU-Ländern genauestens zu beobachten. Grund dafür ist die erhebliche Senkung der Lieferschwelle in einigen Ländern. Dies hat zur Folge, dass es vielleicht zur Besteuerung in einem Bestimmungsland kommen könnte, da aufgrund der neuen Lieferschwellen der Höchstbetrag von 10.000 Euro überschritten wird.
Sollte ein Unternehmen die Option wählen und sich auf der OSS-Plattform registrieren, so muss eine vierteljährliche Meldung (innerhalb Ende des Folgemonats) an das Steueramt übermittelt werden, sowie direkt die aus dem Onlinehandel erzielte Mehrwertsteuer dort abgeführt werden (vierteljährlich). Die auf den Eingangsrechnungen enthaltene Mehrwertsteuer darf nicht mit der auf dem OSS-Portal zu zahlenden Steuer verrechnet werden. Dies hat über die monatliche bzw. trimestrale MwSt.-Abrechnung zu erfolgen.
Italienische Unternehmen mit bereits vorhandenen ausländischen MwSt.-Positionen
Die Registrierung auf der Plattform kann für viele Onlineverkäufer eine Erleichterung sein, was aber prinzipiell nicht immer so sein muss. Denn sollte ein italienischer Onlinehändler die Schwelle aus den erzielten Onlineverkäufen in nur ein bis zwei Ländern überschreiten, so ist es vielleicht sinnvoller die jeweilige Mehrwertsteuerposition im jeweiligen EU-Land aufrecht zu erhalten und dort weiterhin gemäß den nationalen Bestimmungen die Mehrwertsteuer abzuführen.
Bruneck, am 23.04.2021
Dr. Ivan Preindl