Ab dem 28. Mai 2022 gelten weitere Verpflichtungen, welche bei Sanierungsarbeiten einzuhalten sind und betreffen die Anwendung der nationalen Kollektivverträge und des Landeskollektivvertrages im Baugewerbe.
Um der Schattenwirtschaft entgegenzuwirken, müssen für Arbeiten bzw. Projekte, welche die Gesamtschwelle von 70.000 Euro überschreiten, der angewandte Kollektivvertrag im Vergabeauf- bzw. Werkvertrag, sowie in der elektronischen Rechnung angegeben werden. Der Betrag von 70.000 Euro bezieht sich auf das gesamte Bauvorhaben und wird nicht nur auf die einzelnen Arbeiten beziffert.
Durch die Angabe erklärt der Auftragnehmer dem Auftrageber gegenüber, dass die nationalen Kollektivverträge der Bauindustrie und des Handwerks, sowie die Landesergänzungsverträge, welche mit den im Baugewerbe vertretenden Gewerkschaften und Verbänden abgeschlossen wurden, angewendet werden.
Sollten die geforderten Angaben fehlen, so entfällt das Recht auf das Steuerguthaben.
Mit dem Rundschreiben Nr. 19 (§8) vom 27. Mai 2022 stellt das Steueramt jedoch klar, dass bei fehlender Angabe in den Rechnungen, der Steuerbonus trotzdem vom Auftraggeber in Anspruch genommen werden kann, sofern der Hinweis im Vergabeauf- bzw. Werkvertrag angegeben ist. Der Auftraggeber ist jedoch verpflichtet eine eidesstattlichen Erklärung vom ausführenden Unternehmen einzuholen, welche bestätigt, dass jene die in der Rechnung angeführten Arbeiten unter Anwendung des entsprechenden Kollektivvertrages ausgeführt werden.
Welche Begünstigungen sind betroffen?
Die Vorschrift zur Angabe betrifft den Superbonus von 110%, den Fassadenbonus, den Bonus für den Abbau architektonischer Barrieren, sowie den Möbel- und Grünbonus (bei beiden letztgenannten ist zu überprüfen ob der entsprechende Kollektivvertrag angewendet wird, da es sich hier grundsätzlich nicht um Arbeiten am Bau handelt). Bei den angeführten Maßnahmen ist die Angabe sowohl für die Abtretung/Verkauf, als auch Rabatt in der Rechnung, sowie direkten Abzug in der Steuererklärung erforderlich.
Bei den restlichen Sanierungsarbeiten, ist die Angabe nur notwendig, sofern der Bonus abgetreten bzw. in der Rechnung als Rabatt ausgewiesen wird.
Bei welchen Arbeiten ist der Kollektivvertrag anzugeben?
Wird insgesamt die Gesamtschwelle von 70.000 Euro überschritten, so ist die Angabe des Kollektivvertrages nur für jene Arbeiten verpflichtend, welche das Baugewerbe betreffen, wie nachfolgend angeführt. Installationsarbeiten (u.a. Elektriker- oder Hydraulikerarbeiten), sowie die Verlegung und Einbau von Arbeiten aus Holz sind ausgeschlossen.
Arbeiten welche den Kollektivvertrag Bauindustrie und Bauhandwerk anwenden: |
Maurerarbeiten | Zimmererarbeiten |
Fliesenleger | Malerarbeiten |
Bautischler* | Hafner* |
*die Anwendung hängt von der Einstufung und des gemeldeten Tätigkeitskodex bei der INPS ab
Bsp.: Sollten demzufolge an einem Gebäude Türen und Fenster ausgetauscht und Installationsarbeiten insgesamt zu einem Betrag von 50.000 Euro durchgeführt werden, sowie außerdem Maurerarbeiten in Höhe von insgesamt 25.000 Euro, so wird grundsätzlich die Schwelle von 70.000 Euro der gesamten Arbeiten überschritten. Die Angabe des Kollektivvertrages ist jedoch nur für die Maurerarbeiten erforderlich, da der Austausch von Fenstern und Türen, sowie die Installationsarbeiten (insofern diese von keinem Bauunternehmen durchgeführt werden), nicht unter den Kollektivvertrag Bauindustrie bzw. Bauhandwerk fallen.
Stellt sich ein Unternehmen die Frage ober der entsprechende Kollektivvertrag angewendet wird oder nicht, so ist sicher ratsam sich an das zuständiges Lohnbüro zu wenden.
Ein Indiz darüber gibt außerdem die Eintragung in der Bauarbeiterkasse. Sie bildet eine wesentliche Voraussetzung zur Anwendung des Kollektivvertrages. Auf der Homepage der Bauarbeiterkasse Bozen sind in einer Liste alle Unternehmen angeführt, welche mit den Beitragszahlungen in Ordnung sind. Die Information über die Eintragung kann somit auch dort entnommen werden.
Die Angabe über den Hinweis des Kollektivvertrages ist auch bei Untervergaben in den entsprechenden Dokumenten anzuführen, so beispielsweise bei Arbeiten welche von Generalunternehmen, Betrieben ohne Arbeitnehmer oder Betrieben ohne Tätigkeit im Baugewerbe ausgeführt und weitervergeben werden. Bei der Ausführung der Arbeiten muss im entsprechenden Vertrag die gesamten Kollektivverträge, welche Anwendungung finden könnten, angegeben werden. In den Untervergaben ist die Angabe des jeweiligen Vertrages auch erforderlich.
Wer ist von der Angabe befreit?
Die Verpflichtung zur Angabe besteht nicht, wenn ein Unternehmen keine Arbeitnehmer beschäftigt. Hier sind u.a. Einzelunternehmen, Familienunternehmen, Personen- oder Kapitalgesellschaften, bei welchen der Gesellschafter die Tätigkeit nicht in Form des Arbeitnehmer ausführt, betroffen.
Liegt ein solcher Sachverhalt vor, so sollte das Unternehmen kurz im Vergabe- bzw. Werkvertrag und der elektronischen Rechnung darauf hinweisen.
Ab wann sind die Angaben zu treffen?
Die Angabe des Kollektivvertrages gilt aus zeitlicher Sicht ab dem 28. Mai, also für jene Arbeiten welche nach dem 27. Mai vergeben wurden. Das Datum des Beginns der Arbeiten soll aus den Planungstiteln entnommen werden, also gegebenenfalls aus der Baubeginnmeldung.
Wo ist die Angabe zu treffen?
Die Angabe des Kollektivvertrages soll im Vergabeauf- bzw. Werkvertrag und in der elektronischen Rechnung angegeben werden. Bei Zweiterem empfiehlt es sich den Hinweis im Feld „Altri Dati Gestionali“ oder im Rechnungstext selbst (u.a. bei den Pauschalsystemen) anzugeben.
Liegt der Gesamtwert der Arbeiten nahe der Schwelle von 70.000 Euro, so sollte die Angabe bereits frühzeitig getroffen werden. Durch mögliche Preissteigerungen oder sonstige Änderungen/Variantan, kann die Schwelle oftmals überschritten werden.
Eine fixe Hinterlegung der Angabe des Kollektivvertrages bei Rechnungen bzw. Vergabeauf-/Werkverträgen wäre sicher sinnvoll, um mögliche spätere Rechnungsänderungen zu vermeiden.